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Automatisierung ist mehr als die Implementierung von Technologie-Komponenten

Vier Akteure aus Germany’s Saarland erläutern, was sie für wichtig halten

Über alle Branchen hinweg verändert sich die Art, wie Unternehmen produzieren und mit Zulieferern zusammenarbeiten, rasant. Die Digitalisierung aller Prozesse und die Einbindung lernender Algorithmen verspricht, die Visionen, die Industrie 4.0 zeichnet, Wirklichkeit werden zu lassen.

Eine erfolgreiche Automatisierung folgt jedoch nicht allein der Maxime der IT. Erfahrung und Knowhow von Produktionsbetrieben müssen in innovative Entwicklungen ebenso einfließen. Traditionelle Industriestandorte, die frühzeitig Kompetenzen in der IT aufgebaut haben, bieten für ansässige und neue Unternehmen hier starke Vorteile. Germany’s Saarland ist solch ein Standort. Der traditionelle Industriestandort setzte bereits in den achtziger und neunziger Jahren auf den Ausbau seiner IT-Forschungslandschaft und wurde zur Heimat des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), zweier Max-Planck-Institute, für Informatik respektive für Softwareentwicklung, und jüngst des CISPA Helmholz-Zentrums für Informationssicherheit.

Kein Wunder also, dass das Saarland heute auf eine hochautomatisierte und effiziente Industrie sowie eine exzellente Forschungslandschaft blicken kann, die sich gegenseitig inspirieren.
Um sicherzustellen, dass Unternehmen und Forschungsinstitutionen am Standort optimale Bedingungen vorfinden, entwickelt die gwSaar Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Saar Industrieflächen und Gewerbeimmobilien für alle Ansprüche. Der Service der Wirtschaftsförderer umfasst außerdem die Betreuung von Unternehmen während des gesamten Ansiedlungsprozesses. Dazu zählt auch die Vernetzung mit den Akteuren vor Ort. Auf Anregung der gwSaar haben wir vier dieser Akteure aus Industrie und Forschung zum Thema Automatisierung und Standort interviewt.

Germanys Saarland – ein Industriestandort, der auch durch seine zentrale Lage überzeugt

Karlsberg

Die Lebensmittelproduktion ist hinsichtlich hoher Qualitäts- und Sicherheitsauflagen prädestiniert für die Nutzung moderner Sensorik und der Automatisierung von Produktionsabläufen. Dies gilt auch für die Anbindung von Zulieferern und Logistikern. In unserem Interview erfuhren wir von Christian Weber, Generalbevollmächtigter der Karlsberg Brauerei KG Weber, welche Bedeutung Automatisierung in den Werken der Brauerei hat und was er am Faktor Mensch schätzt.

Neben der automatisierten Qualitätskontrolle muss das Bier der Karlsberg Brauerei auch immer noch dem prüfenden Blick des Chefs standhalten.

Frage: Herr Weber, macht die zunehmende Automatisierung Ihnen das Leben leichter?

Christian Weber, Karlsberg Brauerei:
Durch die Automatisierung erreichen wir eine bessere Qualität in den Prozessen. Sie ist für uns eine helfende Hand, um noch besser zu werden. Unsere Mitarbeiter werden entlastet und können so ihre Kompetenz fokussierter einbringen.

Frage: Karlsberg gehört zu den innovativen Unternehmen der Branche. Lässt ein hoher Automatisierungsgrad mehr Raum für Kreativität?

Christian Weber, Karlsberg Brauerei:
Die Automatisierung hilft, Abläufe zu verschlanken und qualitativ zu verbessern. Sie ermöglicht daher beispielsweise, mit den Kunden über neue Themen zu sprechen anstatt über die Behebung von Fehlern. Ein wichtiger Aspekt ist, dass sie Zeitersparnis schafft und damit wertvolle Zeit und Freiräume, die genutzt werden können, um Projekte nach vorne zu bringen.

Frage: Bei aller Automatisierung scheint die Karlsberg Brauerei ein besonderes Augenmerk auf ihre Mitarbeiter zu haben. So kamen diese auch in Werbeanzeigen sehr authentisch zu Wort und sind sogar auf einigen Ihrer Produkte abgebildet. Wie schätzen Sie die Verfügbarkeit von Fachkräften und die Loyalität der saarländischen Mitarbeiter ein?

Christian Weber, Karlsberg Brauerei:
Menschen sind unser Zentrum, unser Ausgangspunkt. Unsere Mitarbeiter verbindet eine Kultur der Kollegialität und ein gemeinsames Werteverständnis. Wir arbeiten daran, dass jeder, der dies möchte, sich aktiv und eigenverantwortlich einbringen kann. Vor dem Hintergrund, dass sich Anforderungen kontinuierlich ändern – besonders bei technischen Neuerungen – ist es unabdingbar, dass wir uns auch als Arbeitgeber stetig weiterentwickeln und uns neben anderen interessanten Unternehmen attraktiv positionieren. Veränderung wird z.B. in unserer Ausbildung sichtbar, so haben wir uns dafür entschieden,  statt des Ausbildungsberufs Elektroniker für Betriebstechnik zukünftig Elektroniker für Automatisierungstechnik auszubilden.

Frage: Wichtige Aspekte gelungener Automatisierung, wie künstliche Intelligenz, Cybersecurity und Sensorik sind im Saarland in renommierten Forschungsinstituten abgebildet. Profitieren Sie als KMU davon?

Christian Weber, Karlsberg Brauerei:
Ja. Wir haben Kontakt zu erwähnten Instituten und haben z.B. im Bereich Cybersecurity bereits gemeinsam gearbeitet. Oder beispielsweise im Bereich KI diskutieren wir gerade das Thema Predictive Maintenance und Predictive Quality mit einem saarländischen Unternehmen aus dem Hochschulumfeld.

 

ZeMA

Alles andere als Forschung im Elfenbeinturm betreibt das ZeMA Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik. Das Zentrum ist Entwicklungspartner der Industrie und sorgt dafür, dass Forschungs- und Entwicklungsergebnisse aus den saarländischen Hochschulen und Instituten schnell und effizient in die Prozesse ansässiger Unternehmen einfließen. Wir sprachen mit Prof. Dr. Ing. Rainer Müller, wissenschaftlicher Geschäftsführer des ZeMA, über die Zusammenarbeit von Forschung und Privatwirtschaft, über industrielle Weichenstellungen zur Erhöhung des Automatisierungsgrads und die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Prozesse und Standorte.

Frage: Prof. Müller, Sie leiten seit mehr als 8 Jahren das ZeMA im Saarland. Germany’s Saarland ist ein starker Industriestandort mit einer exzellenten Forschungslandschaft im Bereich Automatisierung, KI und Cybersecurity. Wie profitieren ansässige Unternehmen von dieser Forschungskompetenz?

Prof. Dr. Ing. Rainer Müller hat das ZeMA mit den Gruppen Sensorik und Aktorik, Fertigungsverfahren und Montageverfahren breit aufgestellt, um mit und für die Industrie Entwicklungen voranzutreiben.

Prof. Dr. Ing. Rainer Müller, ZeMA:
In der Tat ist das Saarland ein starker Industriestandort und hat zudem einige exzellente Institute und Lehrstühle in den von Ihnen angeführten Bereichen vorzuweisen. Beide Seiten können davon direkt profitieren, was aber insgesamt noch ausbaufähig ist. Generell profitieren ansässige Unternehmen von dem Forschungsangebot und der Forschungsexpertise im Land, einerseits durch Auftragsforschung und andererseits durch verschiedene regionale, nationale und europäische Forschungsprogramme, in denen sich Institute und Lehrstühle sowie Unternehmen mit gemeinsamen Forschungsideen direkt bewerben können. Ein anderer Punkt, der immer stärker zum Tragen kommt, und das zeigen nationale und europäische Programme, ist der Transfer von Ergebnissen direkt in die Unternehmen, bspw. durch Sensibilisierung, Veranstaltungen, Workshops und Trainings insbesondere mit Blick auf die digitale Transformation, dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz und bei Cybersecurity. Ein weiterer Aspekt, der nicht unberücksichtigt bleiben sollte, sind Ausgründungen und Start-ups, die oftmals aus erstklassigen Forschungsergebnissen hervorgehen und für einen entsprechenden Zugewinn im Land sorgen.

Frage: Mit welchen Fragestellungen kommen die Unternehmen auf das Institut zu?

Prof. Dr. Ing. Rainer Müller, ZeMA:
Das muss differenziert betrachtet werden. Sie wissen, dass wir als ZeMA mit den Gruppen Sensorik und Aktorik, Fertigungsverfahren und Montageverfahren recht breit aufgestellt sind. Deshalb kommen Unternehmen einerseits mit Fragestellungen zur Erforschung- und Entwicklung neuer Produkte (bspw. unter Einsatz intelligenter Materialien) oder neuer Produktionstechnologien und -prozesse (bspw. im Automotive-Bereich oder beim Einsatz von Robotertechnologien) auf uns zu. Diese begleiten wir oftmals bis zur Entwicklung von ersten Prototypen und Funktionstests. Anderseits kommen Unternehmen auf uns zu, damit wir bestehende Produktionsprozesse analysieren und diese gemeinsam mit den Unternehmen optimieren. Hier unterstützen wir durch Analyse, Konzepte und Machbarkeitsstudien. Selbiges gilt für das Thema Industrie 4.0 und Digitalisierung. Im Rahmen unserer Projekte, wie bspw. dem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Saarbrücken, unterstützen wir mit unseren Partnern dem August-Wilhelm Scheer Institut für digitale Produkte und Prozesse sowie der saarland.innovation&standort e.V. Unternehmen bei der digitalen Transformation. Zudem arbeiten wir in diesem Bereich mit Lehrstühlen der Hochschulen sowie dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz zusammen.

ZeMA Demonstrator im Einsatz

Frage: Der Automatisierungsgrad deutscher Unternehmen wird allgemein als hoch eingestuft. Wo sehen Sie für Unternehmen die größten Potentiale für weitere Automatisierungen und welcher Nutzen entsteht dabei?

Prof. Dr. Ing. Rainer Müller, ZeMA:
Die Unternehmen haben im Zuge von Optimierungen viele Prozesse, die zu automatisieren sind, oftmals schon automatisiert. Das soll aber nicht heißen, dass es in diesem Bereich nicht noch Optimierungspotentiale gäbe. Oftmals bietet Automatisierung insbesondere bei sich wiederholenden Prozessen mit sehr hohen Stückzahlen und geringer Varianz einen hohen Nutzen. Der Nutzen von Automatisierung kann zum einen in der Reduzierung von Kosten, der Erhöhung von Stückzahlen, der Sicherstellung von Qualität und weiteren Faktoren liegen. Auch wenn wir ein Zentrum für Automatisierungstechnik sind, vertreten wir jedoch die Ansicht, dass sich nicht alles automatisieren lässt. Automatisierung hat sicherlich Vorteile, ist aber nicht die alleinige Lösung für die Herausforderungen, denen sich Unternehmen heute gegenübersehen, Stichwort kundenindividuelle Produkte und Multivarianz. Wir vertreten hier eher die Ansicht, dass Automatisierung (insb. im Sinne von Digitalisierung) sowie hybride und intelligent unterstützte manuelle Prozesse die Zukunft sind.

Frage: Losgröße eins oder vom Kunden individualisierte Produktvarianten im Massen-Produktionsumfeld kostengünstig herzustellen ist eine der Zukunftsvisionen der Automatisierung. Denken Sie, dass Produktionsprozesse in Zukunft so flexibel gestaltet werden können? Und was sind die Voraussetzungen, um das umzusetzen?

Prof. Dr. Ing. Rainer Müller, ZeMA:
Hier möchte ich an meine vorherige Aussage anknüpfen. Natürlich werden Automatisierungslösungen in Zukunft immer wandlungsfähiger oder flexibler und auch intelligenter. Allerdings haben wir in unseren Arbeiten und unserer Forschung festgestellt, dass die alleinige Automatisierung eines Prozesses oftmals nicht das Ziel sein kann. Automatisierung muss vielmehr im Kontext von realer und digitaler/virtueller Welt begriffen werden. Es geht vielmehr darum, den Menschen in der Fabrik oder Produktion durch intelligente Systeme wie bspw. Expertensysteme, Remote Support, Condition Monitoring oder Assistenzsysteme am Arbeitsplatz zu unterstützen. Warum? Weil aufgrund einer variantenreichen „Massenproduktion“ das Umfeld zunehmend komplexer wird und weitere Optimierungspotentiale oftmals in der Verbesserung von bestehenden Prozessen oder dem Verständnis von Ursache und Wirkung liegen. Condition Monitoring, Predictive Maintenance oder KI-basierte Qualitätskontrolle sind einige Beispiele, deren Anwendung erhebliche Potentiale aufweist und eine intelligente Automatisierung im Sinne von Digitalisierung und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz erfordert. Produktions- und Prozessdaten und insb. deren intelligente Verarbeitung und kontextsensitive Bereitstellung werden daher für eine Transformation der Produktion immer wichtiger. Und letztendlich auch für die Führungsrolle unseres Wirtschaftsstandorts. Sei es als Exporteur erstklassiger Produkte oder der nächsten Generation innovativer Investitionsgüter.

Frage: Lieferengpässe während der Corona Pandemie haben zu einem Umdenken in der Industrie geführt. Viele Unternehmen wollen ihre Zulieferketten regionaler aufbauen. Kann Automatisierung hier einen Beitrag zu effizienten Lösungen bieten?

Prof. Dr. Ing. Rainer Müller, ZeMA:
Es ist wichtig, durch Digitalisierung automatisierte und standardisierte Abläufe innerhalb der Lieferketten zu schaffen und Daten oder Informationen zuverlässig zu teilen. Ein Ziel muss die Transparenz über Produktions- und Lieferstatus und die Qualität von Bauteilen und Baugruppen innerhalb der Lieferkette sein. Automatisierung kann dann natürlich in einzelnen Prozessen bspw. bei der Kennzeichnung, Identifizierung – also generell der Rückverfolgung – oder dem Tracken von Produkten unterstützen.

Quelle: Zema gGmbH

Qbing

Den Logistikprozessen kommt eine zentrale Rolle in der Automatisierung von Produktionsbetrieben zu. Sie sind das Tor zu Zulieferern, sichern den stabilen Ablauf der Produktion, die geordnete Lagerung und den effizienten und zielgenauen Abtransport der Waren. Eine Anbindung an Warenwirtschaftssysteme ist heute unabdingbar. Das saarländische Start-up Qbing hat eine Plug’N‘Play Lösung entwickelt, die Unternehmen eine Integration in den bestehenden Betrieb ermöglicht. Co-Founder und CEO Christian Schwindling erläutert im Interview, warum das von Vorteil ist, wo in der Logistik zusätzliche Automatisierungsschritte angesagt sind und warum das Unternehmen sich für den Standort Saarland entschieden hat.

Christian Schwindling (m.) und sein Qbing Team entwickeln Plug’N’Play Lösungen für die Logistik

Frage: Herr Schwindling, Ihr System dient der Integration von Auto-ID-Lösungen. Was genau leistet es und für welche Unternehmen ist es interessant?

Christian Schwindling, Qbing:
Unsere QIS.TE (gesprochen KISTE) macht es möglich, Auto-ID bzw. RFID-Hardware per Plug’N’Play in Unternehmensnetzwerke zu integrieren. Hierzu reichen wenige Handgriffe und einige unkomplizierte Einstellungen im beigelegten Konfigurationstool. Es ist kein technisches Detailwissen oder Programmierarbeit notwendig. Auch der Invest ist im Vergleich zu konventionellen Anbindungen deutlich geringer. Wir versuchen so, möglichst vielen Anwendern den Zugang zu Auto-ID bzw. RFID zu erleichtern. RFID Out-of-the-Box sozusagen.

Module des Qbing Baukastens

Frage: Wo sehen Sie zusätzliches Potential zur Automatisierung – insbesondere in der Logistik? Und welche Herausforderungen müssen Unternehmen meistern, um diese Potentiale zu nutzen?

Christian Schwindling, Qbing:
Sämtliche manuellen Handlingsschritte wie das Abscannen und Einlesen von Waren und Material sowie das Buchen gewisser Prozessschritte haben meiner Meinung nach großes Potential, automatisiert zu werden. Nicht nur die Zeitersparnis, sondern gleichzeitig das Digitalisieren der Daten erhöht die Transparenz und bringt weitere Vorteile mit sich.
Die Herausforderung, die damit einhergeht, sind die Auswahl entsprechender Hardware, also Sensorik und Aktorik, passend zur jeweiligen Anwendung sowie die Auswahl und Integration der Daten in entsprechende Systeme.

Frage: Als Startup wird man stark umworben und kann sich den Standort aussuchen. Sie haben sich bewusst gegen die großen Metropolen und für das Saarland entschieden. Was hat Sie am Wirtschaftsstandort Saarland überzeugt?

Christian Schwindling, Qbing:
Qbing ist aus einer Forschungsgruppe der Hochschule für Technik und Wirtschaft, htw saar, hervorgegangen. Von dieser Anbindung an die saarländische Forschungslandschaft profitieren wir auch heute noch.
Das Saarland bietet für Gründer ein hervorragendes Netzwerk mit schnellen Entscheidungswegen und Ansprechpartner für jedes Anliegen. Ich habe mich in der Anfangsphase bzw. in der jetzigen Wachstumsphase im Saarland immer gut aufgehoben gefühlt und denke, auch die QIS GmbH ist im Saarland weiterhin gut aufgehoben.

 

consistec

„Automatisierung ohne Cybersecurity ist ein Wagnis“, so die Expertenmeinung von Thomas Sinnwell, CEO Research & Development der consistec. Was das Unternehmen tut, um die Automatisierungsprozesse seiner Kunden abzusichern und warum es das vom Standort Saarland aus tut, erklärt Herr Sinnwell im Interview.

Thomas Sinnwell kommt mit Monitoring und Analysen unsichtbaren Angreifern auf die Schliche.

Frage: Herr Sinnwell, wie unterstützt die consistec Unternehmen beim Automatisierungsprozess?

Thomas Sinnwell, consistec:
Was uns umtreibt, ist die Sicherheit der OT (Operation Technology). Überall da, wo physikalische Geräte und Prozesse automatisiert werden, gibt es Steuerungssysteme. Die können gehackt, können sabotiert werden. Wir stellen durch Monitoring und Analyse sicher, dass unsere Kunden erkennen, wenn so etwas passiert. Und das sowohl im IT- als auch im OT-Bereich.

Frage: Nimmt das Risiko von Angriffen mit einer steigenden Automatisierung zu?

Thomas Sinnwell, consistec:
Grundsätzlich ja. Die Automatisierung erfolgt heute mit Systemen, die nicht mehr proprietär sind. Proprietäre Protokolle und abgeschottete Netze haben aber bisher durchaus einen Schutz dargestellt. Alle großen Hersteller setzen heute auf das IP-Protokoll und durch die Anbindung ans Internet gibt es neue Angriffsvektoren. Wenn ich eine Schwäche eines großen Steuerungstechnik-Anbieters kenne, kann ich also gleich eine Vielzahl von Unternehmen attackieren.

Frage: IoT stellt also ein zusätzliches Problem dar?

Thomas Sinnwell, consistec:
Genau. Wenn es dann noch in den Heim-Automatisierungsbereich geht, habe ich unzählige Systeme, die ich attackieren und zweckentfremden kann. Das Thema Security wird daher immer bedeutender.

Frage: Was ist die Gefahr, wenn man die Sicherheitsaspekte außer Acht lässt?

Thomas Sinnwell, consistec:
Automatisierung ohne Cybersecurity ist ein Wagnis. Angriffe in der Industrie nehmen enorm zu. Anlagen werden lahmgelegt, Unternehmen werden erpresst. Tendenz steigend. Cyberangriffe haben sich zu einem kriminellen Geschäftsfeld entwickelt. Es ist nicht mehr so schwierig, es gibt viele Anleitungen und Tutorials und ich kann mir für wenig Geld viel Schadcode, auch individualisierten Schadcode, kaufen, mit dem man eine breite Anzahl von Unternehmen attackieren kann.

Frage: Wie integriert man Sicherheit in vernetzte Produktionsanlagen?

Thomas Sinnwell, consistec:
Bei neuen Anlagen sollten Sicherheitssysteme von Anfang an eingeplant werden.
Bei bestehenden Systemen sind die Anforderungen komplexer. OT-Systeme werden in der Regel nicht gepatcht. Die Systeme laufen daher oft 5-20 Jahre auf dem gleichen Softwarestand. In dem Fall gibt es nur eine Möglichkeit zu schützen: man gruppiert sie neu. Diese Segmente werden dann einzeln durch eine Industriefirewall bzw. Edge Boxen abgesichert. Beim Edge-Box-Konzept habe ich die Möglichkeit, Daten abzugreifen und genau da kann ich mit dem Monitoring andocken. Das ist der Weg, den wir mit Kunden gehen. Wir führen Edge-Boxen ein, um alte Bestandsanlagenmonitoring-fähig zu machen und mit unserer Analysesoftware andocken zu können. Wichtig ist, dass das rückwirkungsfrei ist, das heißt, dass das Analysesystem selbst keinen Schadcode einspielen kann. Gleichzeitig habe ich dadurch die Vorgabe des Bundesamtes für Sicherheit in der IT zur Segmentierung umgesetzt. Ich stelle sicher, dass im Falle eines Angriffs nicht gleich das ganze Werk lahmgelegt wird.

consistec deckt OT/IT-Sicherheitslücken und Systemschwachstellen in Echtzeit auf.

Frage: Sie sind mit Ihrem Unternehmen im Saarland gestartet. Bietet der Standort Vorteile für Ihr Unternehmen?

Thomas Sinnwell, consistec:
Ein handfester Vorteil ist, dass das Saarland ein ausgesprochen guter IT-Standort ist, auch im Bereich Cybersecurity. Das ansässige CISPA Helmholtz Zentrum für Cybersecurity gehört weltweit zu den Top-3-Forschungsinstituten. Das ist eine tolle Ausgangslage. Wir pflegen auch enge Kontakte zum gleichfalls im Saarland beheimateten Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Die Zusammenarbeit ist ein massiver Vorteil, denn maschinelles Lernen ist ein großes Thema für uns, um Anomalien in Netzwerken zu erkennen. Durch die erstklassige Ausbildung der Universität des Saarlandes und der Forschungsinstitute finden wir hervorragend ausgebildete Leute. Gleichzeitig haben wir im Saarland noch viele produzierende Unternehmen. Es ist ein unschätzbarer Wert, mit diesen Unternehmen zusammenzuarbeiten, um unsere Systeme zielgruppengerecht weiterzuentwickeln.

 

Mehr Informationen: Germany’s Saarland

 

Ihre Ansprechpartnerin:

Anja Petschauer

Director
Marketing and Promotion
gwSaar Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Saar mbH

+49 (0)6893/9899 612

» a.petschauer@invest-in-saarland.com

Autorin:
Anja Petschauer

Director Marketing
gwSaar Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Saar

a.petschauer@invest-in-saarland.com

 


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